Nicole Pawlowski |
Die skulpturalen Installationen und die Performances mit interaktiven Körperobjekten sind als audiovisuelle Wahrnehmungsmodelle konzipiert, in denen immer aufs Neue die Herstellung von Wechselwirkungen zwischen hörbaren und sichtbaren Phänomenen im Raum und in Echtzeit thematisiert wird. Unter dem experimentellen Einsatz von vielfältigen elektronischen Medien und organischen Materialien entstehen Skulpturen und Körperobjekte, die als dreidimensionale visuelle Raumnotationen funktionieren und die die physikalischen Rahmenbedingungen für "Indeterminierte (ergebnisoffene) akustische Raumkompositionen" erzeugen. Die Herausforderung bei den interaktiven Arbeiten liegt darin, die künstlerische Form als einen offenen interaktiven Prozess im Hier und Jetzt zu verstehen - bei dem das akustische Ergebnis unvorherbestimmt und nicht reproduzierbar ist, da es zum Teil in Echtzeit unter dem Einfluss von wesentlichen unkontrollierbaren Faktoren entsteht. Die künstlerische Form wird in den Arbeiten als eine Folge von praktizierter Philosophie im Umgang mit dem Raum, der Zeit und dem künstlerischen Material verstanden. Ein Vorbild für die Gestaltungsparadigmen für audiovisuelle Installationen und Performances sind mir die interaktiven Wirkungsweisen der Natur und die Philosophie des Zen. Die Verwendung von interaktiver Technik hat in den Arbeiten die Funktion, die Aufgabe der Steuerung, Komposition und Formgebung von Klang und Bild zu dezentralisieren und somit nach Möglichkeit im Raum und in Echtzeit auf die beteiligten Akteure, Rezipienten, Umwelteinflüsse und auf andere variable Faktoren und verschiedene Orte im Raum zu übertragen. |
Die Strategie des "interactive work in process" ist ein Konzept, das sich von der klassischen
objektorientierten und deterministischen Werkauffassung distanziert.
Die klassische Subjekt-Objekt-Beziehung von Künstler und Werk ist eine zentral organisierte Werkform,
die in der interaktiven Kunst zugunsten von dezentral organisierter Kunst geöffnet wird. In den dezentral organisierten Arbeiten gibt es keine Hierarchien und keinen gestaltenden Mittelpunkt,
jeder der am Ergebnis beteiligten Faktoren bildet eine gleichwertige gestaltende Mitte. Im interaktiven Werkentstehungsprozess werden dem akustischen Ergebnis die Eigenschaften von
Eigendynamik, Unkalkulierbarkeit, Autonomie gegenüber dem Künstler und die Freiheit
von absichtsvoller formgebender Bestimmung verliehen.
Im interaktiven Prozess entstehen fließende unbestimmte akustische Formen als Reaktion auf eine
dynamische, sich stetig verändernde Umwelt. Es ist das Leben selbst, das sich im stetigem Wandel befindet und das dem
interaktiven Kunstwerk seine in der Zeit veränderliche, unbestimmte und vergängliche Form verleiht. Nicole Pawlowski 2011 |